Ä, Ü, Ö verkrampfen nicht nur die Zunge, wenn Ausländer sie aussprechen müssen; auch im Internet sind sie Problem-Buchstaben: Das Domain Name System (DNS) hat sie nicht vorgesehen. Wo ist das Problem? Das DNS verbindet den Domainnamen mit der IP-Adresse ¬ nur so kann der Browser auf die gewünschte Webseite zugreifen. Die Lösung? Umlautdomains; ob sie sinnvoll sind, erfährst Du hier.
Was sind Umlautdomains?
Den Mutterschoß hat das Internet in der USA verlassen; deswegen kennt das DNS nur folgende Zeichen: das lateinische Alphabet, Zahlen von 1 bis 9 und zuletzt den Bindestrich. Diese Zeichen werden unter dem ASCII-Standartzeichensatz zusammengefasst ¬ der American Standard Code for Information Interchange. Doch als das Internet seinen Siegeszug in der Welt antrat, waren die ASCII-Zeichen einfach zu wenig: Chinesisch oder Arabisch konnte er beispielsweise nicht abbilden.
Eine Lösung musste her; und die kam mit den IDN-Domains ¬ Internationalized Domain Names. In Deutschland sagen wir trivial Umlautdomains dazu, weil sie Ö, Ü und Ä möglich machen. Enthält eine Domain solche Sonderzeichen, wird sie automatisch in eine IDN-Domain umgewandelt. Seit 2003 kannst Du Dir nun solche Domains sichern, doch ist der Weg immer noch glatt und rutschig, bis alles problemlos funktioniert; wie Du weiter unten sehen wirst.
Umlautdomains und der Punycode
Nachdem man Umlautdomains 2003 zugelassen hatte, begegnete man Sonderzeichen zuerst mit den IDNA2003-Verfahren: Ein bestimmter Algorithmus konvertierte die Sonderzeichen einfach um. Problem gelöst! Leider nein, denn beispielsweise bei “ß” ergaben sich neue Hindernisse: nach dem Verfahren verwandelte sich “fußbad.de” einfach zu “fussbad.de” ¬ schlecht, wenn es diese Domain bereits gibt. Erst mit der IDNA2008 wurde man der Verwechslungsgefahr Herr; Schwierigkeiten blieben aber bei asiatischen und arabischen Zeichen und dafür wurde der Punycode entwickelt.
Das Punycode-Verfahren hat eine Aufgabe: Es extrahiert alle Zeichen aus der Domain, die ASCII nicht zulässt; dann hängt es sie als End-Sequenz an den Domainnamen. Vor die Domain wird dann ein xn vorangestellt und mit einem doppelten Bindestrich verbunden ¬ so erkennt man die Domain als konvertiert. Auf diese Weise findet jedes Sonderzeichen eine Entsprechung in der ASCII-Zeichenfolgen. Die genaue Entsprechung jedoch bestimmt das Sonderzeichen selbst und sein Umfeld. Ein Beispiel:
1. Zuerst kommt der Domainname, wie er registriert ist. In diesem Beispiel lautet die Domain: lieschenmüller.de
2. Dann kommt der ACE-String; das ist die Domain, konvertiert nach dem IDNA-Verfahren und dem Punycode: xn--lieschenmller-klb.de
Dieses Beispiel verdeutlicht, wie der Punycode arbeitet: Das Sonderzeichen “ü” wandelt er um in die ASCII kompatible Zeichenfolge “klb” und hängt sie per Bindestrich an “lieschenmller” an. Mit doppeltem Bindestrich wird noch ein xn davor gesetzt ¬ so erkennt man die IDN-Domain.
In der URL siehst Du dann unverändert Deine Umlautdomain; der Server hingegen arbeitet nur mit der Übersetzung in Punycode ¬ die Clients wie Browser oder das E-Mail-Programm übersetzen hierfür. Da liegt auch das Problem: Manche Clients haben noch nicht umgestellt von IDNA2003 auf IDNA2008 und können somit mit Umlautdomains nichts anfangen. Sie finden die Domains nicht, die nach dem neuen Standard konvertiert sind.
1. Problem: Umlautdomains und E-Mails
Das führt zu zwei Problemen: Entweder konvertiert das E-Mail-Programm lediglich um nach IDNA2003 oder die E-Mail wird überhaupt nicht abgeschickt. Konvertiert der Client bloß nach IDNA2003, kann es zu Verwechslungen kommen. Ein Beispiel: Heißt jemand “fußball@berlin.info”, wird die Adresse in der alten Version nach “fussball@berlin.info” umgewandelt. Schon erhält jetzt die Konkurrenz die Mail, die “fussball@berlin.info” heißt.
Das zweite Problem ist noch gravierender: Ein Kunde will eine E-Mail abschicken und erhält nur die Fehlermeldung, dass die E-Mail-Adresse nicht erkannt werden könne. Das ist leider bei einigen Freemail-Diensten immer noch gang und gäbe ¬ oder das Programm für E-Mails ist nicht auf dem neuesten Stand. Hier hilft nur eins: Der Kunde muss die E-Mail-Adresse selbst in Punycode umwandeln und die Nachricht an die konvertierte Adresse schicken.
Wieder ein Beispiel: Wenn Deine E-Mail-Adresse “steffan@blühtenstäber.info” lautet; dann muss Dein Kunde Sie selbst konvertieren in “steffan@xn--blhtenstber-s8a91a.info”. Doch welcher Kunde wird dies tun? Oder welcher Kunde weiß überhaupt von dem Punycode? Das Ergebnis: Frust, Scherereien und Wut auf beiden Seiten. Schlimmstenfalls kann sogar ein potenzieller Kunde verloren gehen. Doch wie kann man das Problem umgehen? Nur, indem Du Dir eine zweite Domain registrieren lässt, die keine Umlaute enthält und nur für E-Mails verwendet wird.
2. Problem: Umlautdomains und Social Media
Wer sich auf sozialen Medien wie Twitter und Facebook effektiv vermarkten will, holt sich auch hier eine schlimme Beule an den Punkten der “Ös” und “Äs” seiner Umlautdomain: Facebook und Twitter können mit Umlautdomains nicht umgehen. Postest Du etwas unter Deiner Umlautdomain, lösen sich die Sonderzeichen in der zwitschernden Twitter-Landschaft auf und was bleibt? Nur Deine Domain, die unansehnlich in Punycode konvertiert wurde.
Hübsch ist dies auf keinen Fall, aber es schürt auch Misstrauen unter den Nutzern: Kaufen Sie auf “schöne-blühten-blumen.de” erweckt auf jeden Fall mehr Vertrauen als die umgewandelte Form ¬ kaufen Sie auf “xn--schne-blhten-blumen-s6b5k.de.” Hier klingeln gleich die Alarmglocken unter den Nutzern und sie werden es sich fünfzigmal überlegen, bevor sie dieser Domain einen Besuch abstatten; ganz gleich wie schön das Produkt ist.
3. Problem: Umlautdomains und Marketing
Das Geschäft wächst, die Gewinne steigen und die Produktion ist noch lange nicht ausgelastet: Zeit zu expandieren. Doch wie eine dicke Zollschranke zwingt Dich auch hier die Umlautdomain, an der deutschen Grenze haltzumachen. Wieso? Ganz einfach: Lesen potenzielle Kunden Deine Domain auf Deiner Visitenkarte, können sie den Namen nicht abtippen ¬ deren Tastatur hat leider kein “Ö”, “Ä” oder “Ü”.
Das fängt schon in der Niederlande an, wo die Umlaute und das “ß” auf der Tastatur fehlen; einer grenzüberschreitenden Kommunikation wird damit ein Riegel vorgeschoben. Dafür gibt es nur eine Lösung: Den Punycode mit auf den Flyer drucken oder auf die Visitenkarte. Doch welcher Kunde würde das verstehen? Oder mit Punycode etwas anfangen können? Deswegen: Wer sich im Ausland vermarkten will, muss auf Umlautdomains verzichten.
4. Problem: Umlautdomains und SEO
Grundsätzlich: Google hat kein Problem mit Umlauten in der URL und betrachtet sie gleichwertig zu anderen, die ohne sie auskommen. Doch in der Verlinkung können sich einige Schwierigkeiten ergeben: Etwas ältere CMS (Content Management System) können nichts mit den Sonderzeichen anfangen, aus denen Umlautdomains bestehen. Das Gleiche gilt für einige Webmaster. Das Problem? Die Backlinks (“Rückverweise”) leiden darunter: Oft funktionieren die Links nicht, wenn sie nicht im Punycode geschrieben sind. Ein anderer Punkt: Umlautdomains drücken die Social Shares nach unten ¬ wie oben erwähnt, stehen Umlautdomains auf sozialen Netzwerken auch nur im Punycode und dieser wirkt auf Nutzer nicht vertrauenserweckend.
Endlich ein Vorteil: der Branding-Effekt
Genug auf Umlautdomains herumgehackt, etwas Nützliches muss doch in ihnen stecken? Ja, der Branding-Effekt: Deine Domain spricht und sie spricht für allen für Dich, wenn sie für heimische Ohren richtig klingt. Die Domain “kölner-sängerclub-spaßgesänge.de” wirkt besser als die verkrampfte Form “koelner-saengerclub-spassgesaenge.de”. Sie ist eingängiger, leichter zu lesen und bleibt eher im Kopf des Kunden als die umständliche “ae”-Schreibweise. Dies ist vor allem dann von Nutzen, wenn Du einen begrenzten, regionalen Markt ansprechen willst. Hier ragt Deine Domain aus der Konkurrenz hervor.
Doch ist dies nicht der einzige Vorteil: Viele umgeschriebene Begriffe sind schon lange vergriffen ¬ so “Aerzte”, “Selbstaendigkeit”, “Maerkte” oder “Muehle”. Wählst Du hingegen die Form mit Umlauten, stehen Dir immer noch attraktive Domains zur Verfügung. So sicherst Du Dir eine ansprechende Domain, die für den Kunden vertraut aussieht. Gleichzeitig gibt es keinen Kostenunterschied: Umlautdomains kosten genauso viel wie eine chiffrierte Domain (“oe”).
Die TLD bestimmt die möglichen Sonderzeichen
Trotzdem kannst Du Dir nicht wahllos Sonderzeichen aussuchen, solltest Du Dich für eine Umlautdomain entscheiden. Denn welche Zeichen erlaubt sind, legt alleine der Registrar fest. Dies macht er dann an der entsprechenden TLD fest ¬ die Top-Level-Domain; das ist der letzte Abschnitt rechts vom Punkt (“.de” oder “.com”). Der Registrar Denic lässt unter einer .de-Domain nur 93 Zeichen zu: Zeichen in einem fremden Alphabet wie Arabisch sind nicht erlaubt. ICANN handhabt es etwas anders: Umlaute sind erlaubt in einer Domain mit .com oder .info; dafür ist das “ß” verboten, weil es nur in Deutschland vorkommt.
Fazit: Sind Umlautdomains sinnvoll?
Überblickt man, was für und gegen Umlautdomains spricht, überwiegen eindeutig die Nachteile: E-Mails erreichen den Empfänger nicht, auf Social Media erscheint die Domain im Punycode, ausländische Kunden können die Domain nicht eingeben und Backlinks stehen manchmal nur in der IDN-Form. Dem Gegenüber bieten Umlautdomains nur den Vorteil, dass sie sich auf einem regionalen Markt abheben und eher zu haben sind als die chiffrierte Form.
Dennoch ist es ratsam, dass Du Dir eine Umlautdomain sicherst ¬ zusätzlich zu Deiner normalen Domain. So verhinderst Du, dass Deine Konkurrenz Dich aussticht. Ein Beispiel: Du besitzt die Domain “baecker.de”; Dein Konkurrent hat sich hingegen unter “bäcker.de” registrieren lassen. Gibt nun ein Kunde Deine URL falsch ein, landet er automatisch bei der Konkurrenz ¬ hast Du beide Domains, erübrigt sich das Problem.
Wenn Du trotzdem nicht auf eine Umlautdomain verzichten möchtest, bietet sich Dir folgende Lösung: Du sicherst Dir Deine Domain noch einmal ohne Umlaute. Diese nutzt Du dann als E-Mail-Adresse, um mit den Kunden problemlos zu kommunizieren. Deinen Webserver stellst Du anschließend so ein, dass er die Nachricht auf Deine Umlautdomain weiterleitet ¬ so hast Du die Schwierigkeiten mit den E-Mails umgangen.